Zwischen Utopie und Notwendigkeit

Die Zukunft der Entwicklungszusammenarbeit

Die vergangenen Jahre waren durch weitreichende Strukturveränderungen geprägt: Länder des Globalen Südens sind wirtschaftlich aufgestiegen, aber dennoch vermehrt sich die weltweite Ungleichheit: Gerade die Folgen des Klimawandels und die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie betreffen den Globalen Süden in stärkerem Maße als andere Regionen der Welt. Zugleich hat die Bedeutung von Politiken und Akteuren jenseits der traditionellen Entwicklungszusammenarbeit zugenommen. Unter diesen veränderten weltpolitischen und weltwirtschaftlichen Konstellationen stellt sich die Frage, ob die Entwicklungszusammenarbeit in ihrer jetzigen Form zeitgemäße Antworten auf die drängenden Probleme bietet und welche neuen Ansätze zur Verfügung stehen, die einer globalen Perspektive auf die weltumspannenden Problemstellungen gerecht werden.

Ein Konzept im Wandel

Der Ursprung der Entwicklungszusammenarbeit geht auf die Kolonialzeit zurück, insbesondere auf die des britischen Imperiums. Veränderungen in der Einstellung zur moralischen Zielsetzung des britischen Kolonialreiches und Veränderungen der Rolle, die die Regierung bei der Förderung des Wohlergehens spielten, führten langsam zu einer proaktiveren Politik der Wirtschafts- und Entwicklungshilfe gegenüber den Kolonien. Die moderne Entwicklungszusammenarbeit geht auf die Nachkriegszeit und den Kalten Krieg zurück. Nach dem Zweiten Weltkrieg galt die Industrialisierung als wichtigstes Ziel der Entwicklungshilfe; das Konzept war weitgehend vom Marshallplan inspiriert. Arme Länder wurden in ihren Anstrengungen unterstützt, Fortschritte bei der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung zu erreichen.1 Die Geberländer waren der Ansicht, dass es ihren wirtschaftlichen Interessen diente, dass sich die Empfängerländer stärker entwickelten und dadurch zu interessanteren Wirtschaftspartnern wurden. Viele Geberländer waren der Meinung, dass das, was in der Nachkriegszeit in Europa gelungen war, überall umgesetzt werden könne, insbesondere in Afrika.2

In den frühen 1960er Jahren wurden die kurz zuvor unabhängig gewordenen Ex-Kolonien zum primären Ziel des Kampfes gegen die Armut. Anstatt vor allem in große Infrastrukturprojekte zu investieren – etwa Staudämme und Straßen –, wurden jetzt zunehmend soziale Programme lanciert. Das Entwicklungsmodell basierte auf Wirtschaftswachstum, gesteigertem Konsum und höherem materiellem Lebensstandard. Ein solches Wachstum sollte die Entwicklungsländer aus der Armut führen (und aus der Einflusssphäre der damaligen Sowjetunion) und es ihnen ermöglichen, mit den Industrieländern gleichzuziehen. Ende der 1970er bis Anfang der 1990er Jahre hielt der Neoliberalismus Einzug in die Entwicklungszusammenarbeit: An die Zahlungen von Seiten der Geberländer wurden zunehmend Bedingungen der Privatisierung öffentlicher Infrastrukturen geknüpft, und neoliberale Ideen wurden durch Entwicklungsstrategien verbreitet. So verhinderten, der Ideologie zufolge, big government und zu viel öffentliche Entwicklungshilfe die wirtschaftliche und soziale Entwicklung, während Deregulierung, Privatisierung und Steuer­senkungen erforderlich seien, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln. Das neoliberale Entwicklungsparadigma lautete, dass globale freie Märkte sowohl das Mittel als auch das gewünschte Ziel dieser Entwicklung seien, und dass der Kapitalismus, wenn er sich frei entfalten könne, Wohlstand für alle schaffen werde. Der Einkommenszuwachs, den die Reichen in einer Gesellschaft erfahren, würde allmählich auch zu den Mittelschichten und den Ärmeren in der Gesellschaft durchsickern (trickle down theory).

Einige Länder nahmen diese Politik bereitwillig an, im Glauben, dass das verheißene Wirtschaftswachstum eintreten würde; anderen wurden sie im Rahmen von Strukturanpassungsprogrammen (structural adjustment programs, kurz SAPs) auferlegt. Bei SAPs ging es im Wesentlichen darum, dass die Weltbank oder der Internationale Währungsfonds (IWF) einem Entwicklungsland einen Kredit bewilligte, zum Beispiel für den Straßenbau, den Bau von Krankenhäusern, die Mechanisierung der Landwirtschaft etc., sofern das Land bestimmte Bedingungen erfüllte, z. B. die Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen, die Öffnung der Märkte für internationale Investoren usw. Der mit dem Washington Consensus verbundene marktorientierte Entwicklungsansatz dominiert zu Beginn des 21. Jahrhunderts noch immer die Mainstream-­Entwicklungspolitik – wenn auch in einer etwas abgeschwächten Form.

In den 1990er Jahren richtete die internationale Gemeinschaft ihren Fokus erneut auf die Armutsbekämpfung und begann, eine ganzheitlichere Sichtweise der Entwicklung einzunehmen. 1992 auf dem UNO-Weltgipfel in Rio wurden ein besserer Umgang mit der Umwelt und der Einsatz für mehr globale Gerechtigkeit als Grundlagen einer nachhaltigen Entwicklung festgelegt. Die Klimarahmenkonvention sowie die Konvention über die biologische Vielfalt wurden dort verabschiedet und die Konventionen zur Wüstenbekämpfung in die Wege geleitet.3 Der Schwerpunkt verlagerte sich von physischen Infrastrukturprojekten auf den Menschen sowie auf von sozialen Institutionen ausgerichtete Interventionen.

Nachdem die Entwicklungshilfeprogramme der 1980er und 1990er Jahre stark zur Verschuldung vieler Staaten beigetragen hatten, waren die 2000er Jahre die Zeit der Entschuldung. 2000 wurden auf der UN-Generalversammlung Entwicklungsziele für das neue Jahrtausend (Millennium Development Goals, kurz MDGs) ins Leben gerufen, welche, unter anderem, bis 2015 die absolute Armut sowie die Zahl der an Hunger leidenden Menschen halbieren sollte. Während die Millenniums-Entwicklungsziele noch nur für Entwicklungsländer galten, kam 15 Jahre später ein weiterer Wandel. Die Agenda 2030 mit ihren Sustainable Development Goals (SDGs) gilt universell für alle UN-Mitgliedstaaten.4 Die Entwicklungszusammenarbeit soll nunmehr die Bedürfnisse und die menschliche Entwicklung der ärmsten Bevölkerungsgruppen unterstützen und damit das übergeordnete Ziel der SDGs – „niemand wird zurückgelassen“ – umsetzen.5 Nachhaltigkeit als Konzept, in dem ökologische, soziale und wirtschaftliche Erwägungen im Streben nach Entwicklung und verbesserter Lebensqualität in Einklang gebracht werden, gilt als Paradigma für Entwicklung. Dies ist ein wesentlicher Wandel gegenüber dem bisherigen Paradigma der wirtschaftlichen Entwicklung mit seinen potenziell schädlichen sozialen und ökologischen Folgen.

Sinnsuche

Sieben Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg sind die globalen Ungleichheiten anhaltend und wiegen schwer, sowohl zwischen als auch innerhalb der Nationen. Trotz 70 Jahren öffentlicher Entwicklungshilfe, mit einer durchschnittlich jährlichen Summe von rund 142,6 Milliarden US-Dollar, leben immer noch 10 % der Weltbevölkerung und mehr als 40 % der Bevölkerung südlich der Sahara unterhalb der internationalen Armutsgrenze.6 Die weltweite extreme Armut stieg 2020 zum ersten Mal seit über 20 Jahren wieder an. Zusätzlich fielen etwa 124 Millionen Menschen durch die Folgen der Pandemie in die extreme Armut zurück.7 Umweltzerstörung und Vertreibung, die sowohl durch politische als auch durch ökologische Faktoren bedingt sind, nehmen weiter zu. Neue Forschungsergebnisse gehen davon aus, dass der Klimawandel bis 2030 weitere 68 bis 132 Millionen Menschen in die Armut treiben wird.8

Seit dem Anfang der Entwicklungszusammenarbeit gibt es immer wieder Versuche, vor allem in NGOs und akademischen Kreisen, den Sektor stärker zur Rechenschaft zu verpflichten, menschlicher und reaktionsfähiger zu gestalten und mehr Wirkung zu erreichen. Mehrere NGOs und INGOs (internationale Nichtregierungsorganisationen) äußern lautstarke Kritik an der Entwicklungszusammenarbeit.9 Laut einer Studie von Action Aid International (2005) wurden zum Beispiel zwei Drittel der im Jahr 2003 bereitgestellten Entwicklungsgelder als „Phantomhilfe“ eingeschätzt. 20 % der Hilfsmittel seien in ineffektive technische Zusammenarbeit investiert worden, deren überhöhte Kosten vor allem Beratern aus Geberländern zugutekam, während 14 % der öffentlichen Entwicklungshilfe für die Rückzahlung ausländischer Schulden ausgezahlt wurden.10

Trotz der Investitionen in die Entwicklungszusammenarbeit öffnet sich die Schere der globalen Ungleichheit weiter: Das volle Ausmaß der globalen Ungleichheit und die Grenzen der Entwicklungszusammenarbeit wurden in einem von Oxfam herausgegebenen Bericht deutlich aufgedeckt. Dieser zeigt, dass der Reichtum der Milliardäre weltweit allein im Jahr 2018 um 900 Milliarden Dollar gestiegen ist, während die Mittel der ärmsten Hälfte der Menschheit um 11 % gesunken sind. 2019 besaßen die reichsten 2.153 Menschen mehr als die ärmsten 4,6 Milliarden Menschen zusammen. Noch deutlicher: Das Vermögen der 22 reichsten Männer ist größer als das aller Frauen in Afrika11.

Transferleistungen, sei es von Staaten oder INGOs, können allein nicht die Ungleichheit ausgleichen, die ein globales Wirtschaftssystem, das auf der Konzentration von Vermögen in den Händen weniger Teilhaber an multinationalen Konzernen basiert, hervorbringt; auch nicht, weil es sich zudem eben jener Ungleichheit in sozialen Standards von Löhnen, Sozialleistungen und dem Lebensstandard zwischen armen und reichen Ländern und Regionen bedient.

Post-development und Degrowth?

Die heutigen globalen Realitäten und Herausforderungen wie wachsende Ungleichheiten und der Klimawandel zeigen, dass dringende Veränderungen notwendig sind. Das derzeit stattfindende Umdenken in Bezug auf entwicklungspolitische Themen wird leider noch immer von alten Denkweisen geprägt und gelenkt. Angesichts der Dringlichkeit globaler Antworten auf die Fragen der Zeit erscheint es lohnend, neue Konzepte zu betrachten, die die Prämissen der (bisherigen) Entwicklungszusammenarbeit kritisch beleuchten.

Die Erfahrungen der letzten 70 Jahre haben gezeigt, dass „Entwicklung“ nicht von außen herbeigeführt werden kann. Dagegen steht der beispielhafte wirtschaftliche Aufschwung in Ländern wie China, Südkorea und Singapur als Beweis dafür, dass (wirtschaftliche) Entwicklung in erster Linie gelingt, wenn sie aus dem Willen und der Strategie einer Regierung resultiert, die auf ihre eigenen Stärken setzt, und diese auch gegen die Interessen geopolitischer Einflussnahme anderer Staaten durchsetzt. Wirtschaftlicher Fortschritt heißt aber nicht unbedingt ein Fortschritt im Respekt von Menschenrechten.

In diesem Zusammenhang ist vor allem die Frage der Selbstbestimmung und der Handlungsfähigkeit der Partnerländer von zentraler Bedeutung. In Anklang an Theorien des Postkolonialismus kann die Theorie des post-development dazu beitragen, neue Perspektiven zu generieren. Sie stellt Theorien in Frage, die als Entwicklungslösungen angesehen wurden und hinterfragt Geschichte, Bedeutung und Motive der Entwicklungshilfe. Die Kritik des post-development konzentriert sich auf die Dichotomie zwischen dem Westen und dem Rest der Welt, zwischen dem „Entwickelten“ und dem „Unterentwickelten“. Es kritisiert die Annahme, dass es diejenigen gebe, die Lösungen parat haben und diejenigen, denen geholfen werden muss. Außerdem stellt sie in Frage, dass „Entwicklung“ durch Intervention gesteuert werden könne. Laut dieser Theorie sind weder ökonomische noch methodische Fragen die Ursachen für anhaltende und zunehmende globale Ungleichheiten, sondern Asymmetrien von Macht, Ideologie und Repräsentation.12 Nur wenn „Entwicklung“ partizipativ, inklusiv und ermächtigend praktiziert wird, kann man Armut abschaffen.13

Zwei Schlüsselelemente definieren das Konzept des post-development. Das erste hinterfragt die zentralen Voraussetzungen des Wirtschaftswachstums und bezweifelt, dass sich alle Länder entlang westlicher kapitalistischer Linien entwickeln müssen.14 Das zweite bezieht sich darauf, dass afrikanische, asiatische und lateinamerikanische Nationen Alternativen zur Entwicklung vorschlagen können und sollen, um nicht-westliche Konzepte einer blühenden Gesellschaft miteinzubeziehen.15 Arturo Escobar, einer der bekanntesten Verfechter dieser Theorie, beschreibt, dass im Laufe der letzten Jahrzehnte sich „Entwicklung“ vielfach verändert hat, ohne einen wirklichen Impakt zu haben: nachhaltige Entwicklung, partizipative Entwicklung, geschlechtergerechte Entwicklung, integrierte ländliche Entwicklung usw. All diese Ansätze bleiben stark im konventionellen Entwicklungsverständnis verankert und stellen keine radikale Abkehr vom vorherrschenden Paradigma dar. Laut ihm sollte die Frage stattdessen lauten, wie wir von Entwicklungsalternativen zu Alternativen zur Entwicklung kommen.16

Das noch immer vorherrschende zentrale Paradigma, dass Wirtschaftswachstum den Erfolg von Entwicklung garantiere, wird auch in der Formulierung der UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung deutlich. Kritiker befürchten, dass die SDGs deshalb nicht erfolgreich sein werden, solange sie an das neoliberale Paradigma der Entwicklung als rein ökonomischen Faktor geknüpft sind. Serge Latouche argumentiert, dass es dringend erforderlich sei, über eine Wirtschaft hinauszudenken, die die modernen Gesellschaften heute noch immer charakterisiert. Dies sei notwendig, um eine tiefgreifende Erneuerung der Gesellschaft zu erreichen, die auf ökologische Nachhaltigkeit, gleiche Verteilung der Ressourcen und Solidarität ausgerichtet ist.17 Das Konzept von degrowth (Postwachstum) basiert auf dem Prinzip des Bewusstseins einer endlichen Welt mit begrenzten Ressourcen und der Idee, dass nur eine Reduzierung der globalen Produktion und des Konsums die Zukunft der Menschheit und den Erhalt des Planeten sichern könne.18 Die Befürworter einer Postwachstumsgesellschaft argumentieren, dass die Menschen zur Rettung der Erde die globale Wirtschaftsaktivität reduzieren müssen, da die Welt bei unserem derzeitigen Konsumniveau das Intergovernmental Panel on Climate Change-Ziel (IPCC), die globalen Temperaturen bei nicht mehr als einem Plus von 1,5 Grad Celsius zu stabilisieren, nicht erreichen wird.19

Utopisch oder notwendig?

Vorab ist zu unterstreichen, dass im Falle akuter Krisen wie dem Tsunami in Asien (2004), dem Taifun auf den Philippinen (2013) oder auch der Covid-19-­Pandemie humanitäre Hilfe und internationale Solidarität im Sinne von direkten Hilfen durch westliche Länder unbedingt erforderlich ist.

Dagegen zeigt sich, dass rein ökonomische Direkthilfen, die auf Wirtschaftsförderung abzielen, ohne jedoch grundsätzlich die Nachhaltigkeit, Umverteilung von Ressourcen und Solidarität – sowohl zwischen als auch innerhalb von Gesellschaften – zu berücksichtigen, zu kurz greifen: Konzepte der langzeitlichen Entwicklungszusammenarbeit müssen demnach anhand der Frage überprüft werden, ob sie an die Bedingungen und Herausforderungen der Gegenwart angepasst sind. Dazu gehören neben einer kritischen Betrachtung versteckt fortgesetzter marktwirtschaftsfundamentalistischer Grundannahmen auch eine oberflächlich agierende Mainstream-Klima- und Umweltpolitik, die davon ausgeht, dass die Klimakatastro­phe ohne einen grundlegenden Wandel der Konsum- und Mobilitätsgewohnheiten abgewendet werden könne. 

Sowohl Postwachstums- als auch post-development-Theorien stehen im gesellschaftlichen Mainstream in der Kritik, naiv, utopisch und nicht umsetzbar zu sein. Beide Theorien können jedoch, gerade wegen ihrer radikal zu Ende gedachten Ansätze, den Blick für blinde Flecken öffnen, insbesondere in Bezug auf das Weiterleben eines – aus dem kolonialen Erbe stammenden – Gefälles zwischen den Ländern des Nordens und des Südens. Sie können helfen, aus Denkschemata auszubrechen und den Mut zu haben, neue Wege zu gehen. Papst Franziskus erinnerte die Staats- und Regierungschefs auf der Klimakonferenz COP26 in Glasgow unlängst daran, dass eine Reihe von Krisen des Gesundheitswesens, der Umwelt, der Nahrungsmittelversorgung und der Wirtschaft „zutiefst miteinander verbunden“ seien. Diese Krisen führen uns die Notwendigkeit vor Augen, dass radikale Veränderungen nötig sind, um als globale Gemeinschaft den Bedrohungen für die Menschheit zu begegnen. Den Herausforderungen kann nur durch „ein erneuertes Gefühl der gemeinsamen Verantwortung für unsere Welt und eine wirksame Solidarität auf der Grundlage von Gerechtigkeit, einem Gefühl unseres gemeinsamen Schicksals und der Anerkennung der Einheit unserer Menschheitsfamilie“ begegnet werden.20 Die Realität heute zeigt, dass es keine einfache Aufteilung zwischen entwickelten und unterentwickelten Ländern mehr gibt. Extreme Armut gibt es auch in sogenannten „entwickelten Ländern“, ebenso wie extremen Reichtum auch in den ärmsten Ländern. Hochindustrialisierte westliche Staaten sind auch nicht die Einzigen, die Lösungen für eine gerechtere Welt hervorbringen können und dürfen: Verhielten sich alle Länder nach dem Vorbild des Globalen Nordens, so wären die Ressourcen der Erde noch schneller erschöpft, als sie es ohnehin sind, wie der Earth Overshoot Day jedes Jahr vor Augen führt. In Luxemburg waren die nachwachsenden Ressourcen in diesem Jahr etwa bereits nach 46 Tagen (am 15. Februar 2021) erschöpft.

In der Armutsbekämpfung sowie beim Klimawandel müssen alle Länder als gleichberechtigte Partner zusammenarbeiten. Es gibt keine einfache Antwort auf die globalen Probleme, die uns jetzt schon beschäftigen und die uns noch bevorstehen. Wenn Entwicklungszusammenarbeit sich auf andere als wirtschaftliche Paradigmen stützt und die Partner als handlungsmächtige Akteure auf Augenhöhe anerkennt, können auch Strukturen von Resilienz und Solidarökonomie als Ressourcen verstanden werden, von denen wir lernen können. Dabei ist es wichtig, gemeinsam andere Formen der Nachhaltigkeit und Wirtschaft zu entwickeln und zu fördern, die das Gemeinwohl und den Fortbestand der Existenz aller Menschen ins Zentrum stellen, anstelle die sozialen und ökologischen Kosten des westlichen Wirtschaftswachstums weiterhin in den Globalen Süden zu verlagern und zugleich in eine „Entwicklung“ zu investieren, die die systemische Ungleichheit unbeachtet lässt. Nur als Partner auf Augenhöhe und mit grundlegenden strukturellen Veränderungen auf (klima-)politischer, sozialer und globalwirtschaftlicher Ebene sind die globalen Herausforderungen der Gegenwart noch zu bewältigen. 

  1. https://www.bpb.de/apuz/200366/zukunft-der-entwicklungszusammenarbeit (alle Internetseiten, auf die in diesem Beitrag verwiesen wird, wurden zuletzt am 18. November 2021 aufgerufen).
  2. https://tinyurl.com/2p9h4fak
  3. https://www.greenpeace.de/themen/umwelt-gesellschaft/rio-die-geburtsstunde-der-nachhaltigen-entwicklung
  4. https://tinyurl.com/zjmbjwue
  5. https://focus2030.org/Understanding-development-aid
  6. https://tinyurl.com/2p88f8uv
  7. https://www.un.org/depts/german/millennium/SDG%20Bericht%202021.pdf
  8. https://www.worldbank.org/en/topic/poverty/overview#1
  9. https://tinyurl.com/2p9h4fak
  10. https://actionaid.org/publications/2005/real-aid-agenda-making-aid-work
  11. https://indepth.oxfam.org.uk/time-to-care
  12. https://www.gicnetwork.be/thinking-post-developmentdevelopment-a-failed-project
  13. https://www.gicnetwork.be/thinking-post-developmentdevelopment-a-failed-project
  14. https://greattransition.org/publication/farewell-to-development
  15. Ebd.
  16. https://www.theguardian.com/global-development/2012/nov/05/arturo-escobar-post-development-thinker
  17. https://www.environmentandsociety.org/sites/default/files/key_docs/paolini_2008_2.pdf
  18. https://www.opendemocracy.net/en/degrowth-case-for-constructing-new-economic-paradigm
  19. https://www.vox.com/future-perfect/22408556/save-planet-shrink-economy-degrowth
  20. https://www.theguardian.com/world/2021/oct/29/pope-francis-world-leaders-climate-action-cop26

Als partizipative Debattenzeitschrift und Diskussionsplattform, treten wir für den freien Zugang zu unseren Veröffentlichungen ein, sind jedoch als Verein ohne Gewinnzweck (ASBL) auf Unterstützung angewiesen.

Sie können uns auf direktem Wege eine kleine Spende über folgenden Code zukommen lassen, für größere Unterstützung, schauen Sie doch gerne in der passenden Rubrik vorbei. Wir freuen uns über Ihre Spende!

Spenden QR Code