Wir leben in einem wundervollen, bemerkenswerten Land. Wir können es uns leisten, Krisen monate- oder auch jahrelang zu ignorieren. Und dann lösen wir sie an einem einzigen Tag.
Unser Regierungschef ist nach eigenen Aussagen „seit Monaten“ darüber informiert, dass der Staatschef das Euthanasie-Gesetz nicht unterschreiben wird. Eine Woche vor der zweiten Lesung im Parlament ist dann der richtige Augenblick gekommen, eine Krise auszurufen. Eine institutionelle Krise wiegt zwar „schwer“ und ist angesichts der schon ziemlich sichtbaren Wirtschafts- und Finanzkrise auch irgendwie „zuviel“, denn sie bindet „die besten Energien“ des Landes. Doch es wird schnell und entschieden gehandelt. Selbst die Presse kann bei dem Tempo nicht mithalten (geschweige denn die Bevölkerung, die Verfassungsrechtler, Historiker oder Politologen). Die am Morgen ausgerufene Krise ist am Abend schon gelöst.
Als nächstes wird uns eines Morgens eröffnet, dass der Tanktourismus eine Katastrophe ist – will sagen ein finanzielles Negativgeschäft – für das Land. Am Abend ist der Tanktourismus dann abgeschafft. Danach die Arbeitslosigkeit: sie kommt von einem Tag auf den anderen und wird – natürlich – umgehend behoben (Raten Sie mal wie? Ja, ja die Grenzgänger …). Auch die Mobilitätskrise wird über Nacht über uns hereinbrechen, die Klimakrise war auch nicht vorhersehbar, dass die Cargolux ihre Sicherheitsstandards aufweicht, war keinem bekannt, dass das Budget auf dünnen Füßen steht, konnte niemand vorher ahnen, dass das Bankgeheimnis den Steuerdiebstahl fördert, wird als Erkenntnis vom Himmel fallen …, doch diesem Himmel und seinen Helfern sei Dank, alle diese Krisen werden, so überraschend sie sich stellen, so schnell auch wieder gelöst!
Und den 94% der Wähler, die (nach Berechnungen des Luxemburger Wortes) jetzt vertrauensvoll eingeschlafen sind, wünschen wir eine gute Nacht – und grüßen jene übrigen, die darüber endgültig um den Schlaf gebracht.
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