Climate Diary 2

Strandgut an der Küste Oberguineas
Foto von Eggi via Wikimedia Commons

21. September (Samstag)

„The after demo blues“

Es ist nicht leicht, das zu erklären, doch es ist etwas, das vielen Aktivistis passiert: Nach einer großen Aktion schlägt die Euphorie in eine Art Depression um, und am Tag danach fällt es einem schwer sich aufzuraffen. „Man hätte es besser machen können, man hätte es besser organisieren können. Es waren nicht genug Menschen da, die Haters haten online, ohne mit der Wimper zu zucken. Was hat das Ganze eigentlich gebracht?“

Es schockt mich immer noch, wenn ich daran denke, wie unmotiviert die Schüler am Freitag an den Schulen waren, die ich besucht habe. Ich frage mich, ob ich was falsch gemacht habe, ob ich nicht genug Druck gemacht oder die falschen Wörter benutzt habe? Aber was versteht man nicht an der Frage: „Was bringt dir die Schule, wenn deine Zukunft auf diesem Planeten auf der Kippe steht?” Vielleicht war ich auch zu hart? Oder nicht hart genug?

Die Klimakrise wird von Tag zu Tag schlimmer, es gibt immer noch Menschen, die den Profit vor die Zukunftsperspektive stellen, die täglich Millionen in fossile Energien stecken. Wälder werden abgebrannt und als Anbauflächen für Futter für Billigfleisch benutzt. Manchmal denke ich: Ich weiß nicht mehr wohin, ich weiß nicht mehr, was tun.

Heute stand die „Clean Up Action“ in Zusammenarbeit mit Greenpeace in Esch-sur-Alzette auf dem Programm. Greenpeace hat deshalb eine zwei Meter hohe Skulptur aus Plastikabfall gebaut, mit Soundeffekten, was dem ganzen einen coolen Touch gab. Leider waren nicht viele Leute gekommen. Wir haben insgesamt fünf Kilo Plastikmüll aufgesammelt und eineinhalb Flaschen mit weggeworfenen Zigarettenkippen gefüllt.

Plastik ist ein echtes Inferno. 40% des weltweit produzierten Plastiks wird für Verpackungen benutzt. Jede Minute werden weltweit 1.000.000 Plastikflaschen verkauft, nur rund zehn Prozent davon sind recyclet. Jedes Jahr landen 8.000.000 Tonnen Plastikpartikel in den Weltmeeren – und damit in den Körpern der Meeresbewohner. Den durch Reifenabnutzung generierten Feinstaub atmen wir ein, es wird geschätzt, dass Menschen, die in der Stadt leben, jährlich an die 1,5 Kilo Plastikmoleküle aufnehmen. Vieles davon wird nicht abgebaut und nistet sich in unseren Zellen ein.

Was in den 50er und 60er Jahren unser Leben so sehr vereinfacht hat, scheint uns heute doppelt Sorgen zu bereiten: Nicht nur, dass wir nicht wissen, wie wir ohne Plastik leben sollen, wir wissen auch nicht, wohin mit dem ganzen Schrott?

Im Aktivismus ist es wahrscheinlich am schwierigsten, die Hoffnung vor der monumentalen Aufgabe nicht zu verlieren.

Es tut mir leid, wenn das Climate Diary heute sehr negativ rüberkommt, aber das eben ist auch ein Teil der Klimakrise.

Fuchs.

Luxemburg, 21. September 2019

 

 

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