Climate Diary 5

(c) Rise for Climate

24. September (Dienstag)

(Sorry, aber das muss jetzt raus: Ich könnte vor Freude schreien und weinen und lachen und euch küssen. Gerade, als ich meinen heutigen Eintrag fertig hatte, kam die Nachricht, dass die US-Demokraten Schritte für ein Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump einleiten wollen. Mir fehlen die Worte. Danke!)

Vélorution

Um 2 Uhr morgens ins Bett – es ist immer wieder das gleiche.

Heute war ein ausgesprochen schöner Tag, obwohl es so langsam richtig Herbst wird. Zweimal bin ich dem Regen knapp entkommen, immer dann, als unsere Aktion gerade vorbei war. Glück gehabt!

Was ich an unserem Klimabündnis so beflügelnd finde, ist, dass sich so viele Menschen aus so vielen Bewegungen mit so vielen verschiedenen Mitteln gegen den Klimawandel einsetzen.

Der heutige Tag begann mit „Vélorution“, einer unangemeldeten Fahrrad-Demo. Wobei man dabei von Demo fast nicht sprechen kann, weil wir ja eigentlich nur 30 Fahrradfahrer/innen waren, die kollektiv auf den Straßen von Luxemburg-Stadt unterwegs waren. Dass sich dabei hinter uns ein Stau gebildet hat, war halt, wie könnte ich das politisch korrekt ausdrücken, ein Kollateralschaden. Vor der Philharmonie ging es los, und ich war überrascht, dass überhaupt so viele an diesem herbstlichen Tag gekommen waren. Nach einer kurzen Kundgebung haben wir dann die Flaggen und Plakate an unseren Rädern befestigt und uns auf den Weg gemacht.

Zwar wurden die Straßen irgendwann einmal massenweise für PKW und LKW ausgebaut, und noch immer gibt es viel zu viele Leute, die es wichtig finden, sich für einige wenige Kilometer in den Wagen zu setzen und damit das tägliche Verkehrschaos produzieren. Was sich in den letzten Jahren aber auch immer stärker zeigt, ist, dass es immer mehr Menschen gibt, die auf das Auto verzichten wollen, sei es aus finanziellen Gründen, aus Platzmangel, weil sie merken, dass sie es gar nicht mehr brauchen oder aber aus dem einfachen und überaus plausiblen Grund, die Umwelt zu schonen.

Es gab eine Zeit, in der das Auto wertgeschätzt wurde für das, was es konnte, nicht, weil man es als Statussymbol betrachtete. Man mochte es, weil es das Leben einfacher machte, nicht, weil man den Krach, der aus vier Endrohren kommt, so liebte. Man liebte die neu gewonnene Freiheit, nicht die Möglichkeit, mit 250 km/h sein und das Leben der anderen auf der Autobahn aufs Spiel zu setzen. Ich möchte gar nicht das Auto als Nutzfahrzeug verbannen, sondern das Protzmobil mit 16-Zylinder-Motor, Alcantara-Leder, drei Touch-Screens und Unterboden-Panorama-Scheibe.

(c) Rise for Climate

Das Auto hat uns sicherlich vieles einfacher gemacht, etwa eine Reise aus dem bayerischen Zweifelsheim nach Bibiche in der Moselle, ohne dafür sechsmal umsteigen zu müssen. Was mir aber heute wieder einmal absolut klar wurde, und das liegt mir sehr am Herzen, ist die Einsicht, wie gefährlich das Auto für all diejenigen ist, die eben nicht im Auto hinter dem Airbag sitzen, sondern vorne am Grill hängen bleiben. Der Fahrer eines roten Peugot Coupé hatte es heute nach fünf Minuten anscheinend so satt, weiter hinter uns zu fahren, dass er versuchte, uns trotz durchgezogener Linie zu überholen. Da ich als letzter in der Kolonne fuhr und ich die anderen schützen wollte, hab ich seinen Überholversuch abgeblockt, und wegen des entgegenkommenden Verkehrs musste er sich wieder einreihen. Da wurde er richtig pissig. Ich spürte seine Stoßstange förmlich an meinem Hinterrad. Ein Glück, dass er durch Baustellen gezwungen wurde abzubiegen (und wir weiter auf der Busspur fuhren), sonst hätte ich diese Zeilen vielleicht im Krankenhaus schreiben müssen.

Wir sind alle zusammen unterwegs, also müssen die, die schneller, stärker und größer sind, auf die kleineren und langsameren Verkehrsteilnehmer aufpassen. Nur so kommen wir alle gemeinsam an unser Ziel.

Der heutige Text ist länger geworden als geplant, also werde ich die zweite Aktion des heutigen Tages im morgigen Climate Diary erläutern. Das passt dann außerdem zum eigentlichen Thema von morgen.

 

Fuchs.

Luxemburg, 24. September 2019

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