31 Vorschläge für eine Politik der Resilienz (Reaktion auf Vorschlag 8: Martine Kemp)

Vorschlag 8 der forum-Redaktion: Luxemburg sollte sich als Vorreiter bei der Umsetzung des europäischen New Green Deal positionieren. Wir sollten unbedingt sicherstellen, dass staatliche Unterstützung und Investitionen im Rahmen der aktuellen Wirtschaftshilfen nicht in fossile Industrien fließen, sondern dezidiert grüne Innovation fördern wie etwa die Umgestaltung unserer Energielandschaft.

Reaktion 8 von Martine Kemp:

Klimawandel und Umweltzerstörung gehen uns alle etwas an, egal ob in Luxemburg, Europa oder sonstwo auf der Welt. Es ist entscheidend, jetzt zu handeln und Initiative zu zeigen, um diese existenziellen Bedrohungen einzudämmen. Aus diesem Grund wurde der europäische Grüne Deal als die neue Wachstumsstrategie der EU festgelegt. Dabei steht die Klimaneutralität der Europäischen Union bis 2050 im Mittelpunkt. Als kleines Land im Herzen der EU hat Luxemburg das Potenzial und die finanziellen Mittel, diese richtungsweisenden Vorgaben zu realisieren und Vorreiter bei der Umsetzung des europäischen Grünen Deals zu sein.

Als zukünftige Ingenieurin und Teil der jüngeren Generation liegt es mir besonders am Herzen, mich mit dem Thema Energieproduktion, -verbrauch und -speicherung auseinanderzusetzen. Als selbstverständlich anzusehen, dass elektrische Energie (Strom) einfach so aus der Steckdose kommt, ohne zu hinterfragen, woher sie eigentlich stammt bzw., wie sie produziert wurde, können wir uns als Gesellschaft nicht mehr leisten. Wir können nicht weiter verantworten, dass Tag für Tag Unmengen an CO2-Emissionen in die Luft gepumpt werden oder wir nicht wissen, wie wir mit den Abfallprodukten aus der Energieproduktion umgehen sollen – insbesondere dann nicht, wenn es bereits bewährte Alternativverfahren gibt.

Im Bereich der Energie wurde im PNEC (Plan national intégré en matière d’énergie et de climat) ein Ziel von 25 % an erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2030 festgelegt. Dies ist ein doch sehr verhaltenes politisches Ziel und liegt unter dem EU-Ziel, den Anteil an erneuerbaren Energien bis 2030 auf 32 % auf EU-Ebene zu steigern. Doch welche Möglichkeiten hat Luxemburg in dem Bereich der erneuerbaren Energien?

Als regenerative Energieträger gelten Wind, Sonne, Wasserkraft und Biomasse. Diese sind fluktuierend (dargebotsabhängig) und nicht in großem Maßstab speicherbar (mit Ausnahme der Pumpspeicherkraftwerke). Luxemburg setzt schon seit Jahren vereinzelt auf regenerative Energieträger in Form von Laufwasserkraftwerken, Windkraftanlagen, Photovoltaikanlagen, Biomasse-Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen usw. Dennoch sind bei weitem nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft und es drängt sich der Verdacht auf, dass die Politik unsere Energielandschaft mit angezogener Handbremse umzugestalten versucht. Ein Paradebeispiel hierfür ist die Windkraft. Im Vergleich zu unserem Nachbarland Deutschland und den dort geltenden Bestimmungen zur Errichtung von Windkraftanlagen (WKA) geht Luxemburg deutlich restriktiver vor. Werden die WKA in Deutschland im Schnitt mit einem Abstand von 500 bis 800 Meter errichtet, liegt dieser Schnitt in Luxemburg bei circa 900 Metern. Zusätzlich sind die Vorschriften für die Schallimmission, den Schattenwurf und den Umweltschutz so ausgelegt, dass die Planung von Windkraftprojekten sehr eingeschränkt wird. Diese strengen Auflagen führen zu hohen Kompensationsmaßnahmen, um etwaige Eingriffe auf die lokale Umwelt auszugleichen. Hinzu kommt der hohe administrative Aufwand bei der Genehmigungsprozedur, der viel Zeit beansprucht und so zu Verzögerungen bei der Umsetzung der Projekte führt. Im Laufe der raumordnerischen Planung werden auch des Öfteren einige WKA aus dem einzelnen Projekt gestrichen, da sie den strengen Umweltauflagen nicht entsprechen. Dabei ist die Windenergie nur ein Beispiel, das aufzeigen soll, wo Hemmnisse im Ausbau der erneuerbaren Energien auftreten können. Es stellt sich also Frage: Wie weit sollte der Umweltschutz gehen, wenn wir den Anteil an erneuerbaren Energien weiter steigern wollen?

Neben den Potenzialen der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, die wir noch nicht ausgeschöpft haben, gilt es auch, die Herausforderung der Stromspeicherung anzunehmen. Der Verbrauch und die Erzeugung im Stromnetz müssen jederzeit im Gleichgewicht stehen. Da die Stromproduktion aus erneuerbaren Energien allerdings wetterabhängig ist, müssen teilweise Gegenmaßnahmen ergriffen werden, um eine Überproduktion zu verhindern und das Gleichgewicht im Netz weiter aufrecht zu erhalten. Um eine Überproduktion an Strom zu verhindern, kommt es sogar vor, dass WKA ganz abgestellt werden müssen. Daher gilt es in Zukunft, auch vermehrt in mögliche Speicherungskonzepte zu investieren. Als mögliche Technologien könnten hier stationäre oder mobile Li-Ionen-Batterien genutzt werden sowie die Umwandlung der überschüssigen Energie in Wasserstoff/Methan oder Druckluftspeicher. Bei der denkbaren Option zur Umwandlung von Strom in Methan mit nachfolgender Speicherung ist ein späterer Verbrauch im Erdgasnetz oder als Kraftstoff vorstellbar. Der Ausbau der Speicherkapazitäten würde die Probleme des Gleichgewichts im Stromnetz zwischen Erzeugung und Verbrauch reduzieren, da zum Beispiel Überschusskapazitäten gespeichert werden können.

Abschließend möchte ich betonen, dass jeder Schritt in Richtung mehr erneuerbare Energien ein wichtiger und richtiger Schritt ist. Dennoch wäre es mehr als nur sinnvoll, die nationalen Ziele ambitionierter zu gestalten und die notwendigen Instrumente dafür in die Wege zu leiten, dass die Ziele erreicht werden.

 

Martine Kemp ist Präsidentin der CSJ Schüler a Studenten sowie Vize-Präsidentin der CSJ.

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