Vorschläge für eine Politik der Resilienz (Reaktion auf Vorschlag 25: Catherine van Rijswijck)

Vorschlag 25 der forum-Redaktion: Die Digitalisierung der Bildung, der Berufs- und Lebens­welt muss vom Gesetzgeber aufmerksam begleitet und eingerahmt werden. Die große digitale Transformation darf nicht auf Kosten von Privatsphäre, Freiheitsrechten und Selbstbestimmung gehen und zu Einschränkungen im Arbeitsrecht oder zur gesellschaftlichen Isolation führen. Den dunklen Seiten der digitalen Transformation, insbesondere der auf globaler Ebene agierenden Manipulationen von Wahlen, Konsum und Persönlichkeitsentwicklung, muss auch in Luxemburg mit allen verfügbaren Kräften, personell, finanziell, strukturell, gesetzgeberisch und mit allen Mitteln der Strafverfolgung entgegengetreten werden.

Reaktion 25 von Catherine van Rijswijck:

déi jonk gréng teilen die Meinung der forum-Redaktion, wonach die Digitalisierung verschiedener Lebensbereiche nicht einfach sich selbst überlassen werden darf, sondern proaktiv vom Gesetzgeber begleitet werden muss. Im Folgenden möchte ich unsere digitalpolitischen Vorstellungen in der Bildungspolitik darlegen.

Homeschooling als Ausnahme, digitale Kontaktmöglichkeiten zwischen Schüler*in und Lehrer*in fördern

Das Homeschooling war für alle Beteiligten eine große Herausforderung, aber auch eine lehrreiche Erfahrung. Jugendliche sind in der Regel mit digitalen Medien vertraut und digitaler Fernunterricht, bei dem die Kontrolle durch die Lehrenden weniger intensiv ausfällt, kann zu einer Stärkung der Lernautonomie beitragen und damit Jugendliche in ihrer persönlichen Entwicklung stärken. Für die Grundschule ist Homeschooling hingegen weder eine sinnvolle Ergänzung noch eine Alternative zum Präsenzunterricht. Technische Hürden sind zu groß und soziale Kontakte zu wichtig. Gleiches gilt jedoch auch für Jugendliche, sodass Fernunterricht in Grund- und Sekundarschulen höchstens eine ergänzende Rolle spielen darf.

Viele Schüler*innen haben den individuellen digitalen Kontakt zu ihren Lehrer*innen während der Schoul-Doheem-Zeit geschätzt. Es wäre im Interesse der Schüler*innen, diese Entwicklung fortzusetzen. Lehrer*innen oder Schulen könnten individuell Regeln einführen, wann Lehrer*innen online verfügbar sein sollen, so beispielsweise vor Prüfungen oder Nachexamen. Auf diese Weise ließe sich die Mehrbelastung für Lehrer*innen reduzieren. Auch digitale Sprechstunden, wie sie an Universitäten üblich sind, wären eine Möglichkeit, die Erreichbarkeit von Lehrer*innen für Schüler*innen zu gewährleisten, ohne das Lehrpersonal zusätzlich zu belasten.

Chancengleichheit als Priorität, auch bei der digitalen Bildung

Neben der Vermittlung von Wissen besteht die gesellschaftliche Verantwortung von Schulen darin, die strukturellen Unterschiede zwischen privilegierten und benachteiligten Kindern zu reduzieren. Schlechte Internetverbindungen, räumliche Enge und fehlende digitale Ausstattung erschweren jedoch den Zugang zum digitalen Klassenraum für Kinder und Jugendliche aus sozial benachteiligten Familien.

Digitale Teilhabe kann auf verschiedenen Ebenen gefördert werden. Beispielsweise können auf kommunaler Ebene alte Laptops oder Tablets gesammelt werden, um diese dann an marginalisierte Jugendliche weiterzugeben. Auch könnten diese einen staatlichen Gutschein erhalten, um sich derartige Geräte anzuschaffen. Außerdem fordern déi jonk gréng, dass der freie Zugang zum Internet als Grundrecht anerkannt wird.

Medienbildung als Schlüssel für die Erziehung zu mündigen Bürger*innen

Die wachsende Bedeutung digitaler Medien führt dazu, dass Nachrichten Jugendliche größtenteils über soziale Netzwerke erreichen. Nicht immer entsprechen digitale Medieninhalte den Fakten oder bilden die gesamte Bandbreite eines Themenkomplexes ab. Deshalb ist es wichtig, dass Jugendliche über eine umfassende Medienkompetenz verfügen. Dies bedeutet, nicht nur seinen eigenen Medienkonsum zu hinterfragen, sondern auch kritisch mit den Inhalten umgehen zu können, damit sie in der Lage sind, Fake News und ungefilterte Medieninhalte zu erkennen. 

Um Jugendliche für seriöse Medieninhalte zu begeistern, muss den Schüler*innen ein breites Angebot an qualitativen Medieninhalten zur Verfügung stehen. Dazu sollen die Schulen die Möglichkeit bekommen, öffentlich finanzierte Digitalabos bei verschiedenen Tages- und Wochenzeitungen in mehreren Sprachen abzuschließen, die den Schüler*innen dann dauerhaft oder über einen begrenzten Zeitraum, z. B. im Rahmen eines Projekts, zur Verfügung stehen. Jugendlichen wird dadurch vermittelt, dass digitale Angebote nicht nur einen Unterhaltungswert haben, sondern der Schlüssel zu reflektiertem Lernen und kritischem Denken sein können. In den Schulen sollen diese Digitalabos aktiv beworben werden.

Für eine umweltverträgliche und datensichere Digitalisierung

Die Digitalisierung des Bildungssystems muss umweltschonend gestaltet werden. Dies bedeutet, dass Umweltschutz und ethische Standards in der Anschaffung von Hard- und Software berücksichtigt werden müssen. Schüler*innen im Gymnasium soll beispielsweise freigestellt werden, ein eigenes Tablet mitzubringen, anstatt dass jede*r pauschal ein iPad zur Verfügung gestellt bekommt, wobei natürlich sichergestellt werden muss, dass jede*r ein modernes Tablet zur Verfügung hat. Dies führt zu einem niedrigeren Ressourcenverbrauch und verhindert die Monopolstellung großer Digitalkonzerne im staatlichen Bildungssystem, welches nicht exklusiv durch Privatunternehmen beeinflusst werden darf. Um sicherzustellen, dass alle Schüler*innen am Unterricht teilnehmen können, sollten die Lehrer*innen nur auf Programme zurückgreifen, die auf allen Geräten benutzt werden können. Zur Sicherstellung des Datenschutzes soll bevorzugt auf Open-Source-Programme zurückgegriffen werden. Kinder und Jugendliche müssen zudem für die umweltpolitischen Folgen der Digitalisierung sensibilisiert werden.

 

Catherine van Rijswijck ist studierte Geographin und Stadtplanerin und seit Februar 2020 im Vorstand bei déi jonk gréng.

Dieser Text ist in Zusammenarbeit mit Theresa Babucke, Joël Back und Mats Roloff entstanden.

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