- Medien
Mediensplitter
Wenn Vorurteile das Schreiben diktieren
Wer gehofft hatte, die Redaktion des Luxemburger Wort würde, nachdem das Erzbistum die Zeitung an das belgische Medienhuis verkauft hat, nunmehr parteipolitische Neutralität wahren, dürfte längst enttäuscht sein. Außer dem einen oder anderen Journalisten sind besonders die Grünen der Redaktion immer noch ein Dorn im Auge. Vor den Nationalwahlen war das Grünen-Bashing von zwei Journalistinnen mindestens so hart und unfair wie jenes von Seiten der ADR. Und offenbar hatten sie Erfolg. Der Einfluss des Wort auf die öffentliche Meinung scheint also ungebrochen, auch wenn er früher offener zugunsten der CSV ausgeübt wurde.
Am Montag nach der Europawahl war die politische Einfärbung der Beiträge zum Wahlergebnis etwas subtiler, dafür aber umso perfider: ein Schulbeispiel, um zu zeigen, dass der Sprachgebrauch eine politische Gesinnung verraten kann.
„Grüne ziehen gerade so ins Europaparlament ein“ lautete der Titel von Thomas Kleins Beitrag auf Seite 4 und Ines Kurschat behauptete im Leitartikel: „Déi Gréng … haben in Luxemburg nur mit Ach und Krach geschafft (sic): Sie konnten ihren Sitz knapp halten.“ Tatsache ist aber, dass sie sich den ersten von drei Restsitzen sichern konnten, allerdings mit nur 106 Stimmen Vorsprung auf die ADR. Kurschat schreibt weiter: „Der Abwärtstrend der Umweltpartei geht also weiter.“ Da sie damit implizit die Europawahlen mit den Kommunal- und Nationalwahlen vergleicht – was man Wahlstatistikern zufolge nicht machen sollte –, begeht sie einen weiteren Fehler: Im Vergleich zu den Nationalwahlen sind die fürs EU-Parlament errungenen 11,76 % ein Plus von 3,21 Prozentpunkten. Der Abwärtstrend scheint also abgebremst, wenn nicht gar umgekehrt zu sein.
„Die CSV gewinnt dank Regierungsbonus“, überschrieb Ines Kurschat ihren Leitartikel. Die CSV gewann in der Tat 1,8 Prozentpunkte hinzu, was ihr erlaubte an der DP, der großen Gewinnerin von 2019, vorbeizuziehen. Sie schreibt dann weiter: „Für einen dritten Sitz …. reichte es indes nicht.“ Indeed. Fast hätte sie nämlich sogar ihren zweiten Sitz an die LSAP verloren, denn die CSV erhielt nur den dritten Restsitz, was mit keinem Wort erwähnt wird. „Mit Ach und Krach“ scheint mir also eine andere Partei als die Grünen ihren (zweiten) Sitz in Straßburg und Brüssel verteidigt zu haben.
Immerhin: Am Dienstag nach den Wahlen klangen die Kommentare wieder sachlicher. Lasten wir also die Voreingenommenheit, die montags in der LW-Berichterstattung zum Ausdruck kam, dem Stress des Wahltags an.
P.S.: Wir sind gespannt, wann die beiden LW-Journalistinnen, die jahrelang die Dieschbourg-Traversini-Affäre aufgekocht und zwei Politikerkarrieren zerstört haben, sich öffentlich entschuldigen werden, nachdem nun die Justiz die Unschuld der Ministerin festgestellt hat.
Als partizipative Debattenzeitschrift und Diskussionsplattform, treten wir für den freien Zugang zu unseren Veröffentlichungen ein, sind jedoch als Verein ohne Gewinnzweck (ASBL) auf Unterstützung angewiesen.
Sie können uns auf direktem Wege eine kleine Spende über folgenden Code zukommen lassen, für größere Unterstützung, schauen Sie doch gerne in der passenden Rubrik vorbei. Wir freuen uns über Ihre Spende!
