Welche Sprachen werden in den Stellenanzeigen im Luxemburger Wort verlangt, und wie haben sich diese Anforderungen seit 1984 verändert? Diese Doppelfrage versucht eine Langzeitstudie zu beantworten, die ich vor mehr als zwanzig Jahren initiiert hatte. Erste methodologische Überlegungen dazu und sogar eine Art Pretest finden sich 1997 in forum.1 Im Jahre 2000 wurde eine erste empirische Erhebung von Isabelle Pigeron-Piroth und mir vorgelegt und seitdem alle fünf Jahre weitergeschrieben.2 

Der größte Schwachpunkt der Studie und auch der Grund, weshalb es keine Fortsetzung geben wird, soll nicht unterschlagen werden: Nur ein Bruchteil der Arbeits­stellen werden heute noch über die Anzeigen in Tageszeitungen vermittelt. Schon immer waren ganze Wirtschaftszweige in unserer Stichprobe unterrepräsentiert. Zum Beispiel werden Bauarbeiter über Migrantennetzwerke oder Finanzmanager über deren Mutterhäuser rekrutiert. Mit der zunehmenden Bedeutung des Internets bei der Stellenvermittlung wird die systematische Verzerrung der Stichprobe immer stärker und die Studie kann zusehends weniger den Anspruch erheben, den ganzen Arbeitsmarkt abzubilden. Um diesen Bias abzuschätzen, hatten wir für das Stichjahr 2009 zusätzlich das Gratisblatt L’essentiel, in dem die französische Sprache noch dominanter war als im Wort, und 2014 das Internetportal jobs.lu, wo Englisch vorherrschte, untersucht. 

Die Haupterkenntnis: Der Luxemburger Arbeitsmarkt ist stark segmentiert. Die mittlerweile auf 8.340 Anzeigen angewachsene Stichprobe deckt hauptsächlich den öffentlichen Dienst und die diesem angegliederten Branchen – Bildungs-, Erziehungs-, Sozial- und Gesundheitswesen sowie lokale Betriebe mit starker Kundenorientierung – ab. Der Zugang zu diesem nationalen „geschützten Arbeitsmarkt“3 wird über die Beherrschung einer spezifischen Luxemburger Mehrsprachigkeit geregelt. Unter den drei Landessprachen nimmt das Luxemburgische einen paradoxen Status ein. Es ist die seltenste und gleichzeitig meistgesuchte Kompetenz. Rein pragmatisch ist es aber auch die „überflüssigste“: Noch immer ist sein Gebrauch als Schriftsprache marginal und da es praktisch keine Luxemburgisch-Sprecher gibt, die nicht zumindest eine der beiden anderen Landessprachen sprechen, ist es für die mündliche Kommunikation nicht unerlässlich. 

In der Grafik kommt dies zum Ausdruck im besonders starken Ansteigen des Luxemburgischen als „gewünschter“ Sprache (blauer Balken), die von 2014 auf 2019 nachzulassen scheint. Überhaupt geht die Forderung – verpflichtend und optional – von Luxemburgisch in den Stellenanzeigen im Handel zurück, was vermutlich auf der Resignation der mittelständischen Betriebe beruht. Im Konkurrenzkampf mit dem nationalen „geschützten Arbeitsmarkt“ um die wenigen, die drei Landessprachen beherrschenden Kandidatinnen und Kandidaten haben sie keine Chancen. 

Sprachen sind nicht die einzige Kompetenz, auf die es ankommt. Je qualifizierter der Beruf, desto weniger fallen sie ins Gewicht. „Ech hu léiwer e frëndleche Frankophon, wéi e granzege Lëtzebuerger“, konnte man bei einem arbeitsmarktpolitischen Rundtischgespräch hören.4 Selbst der Staat hat Schwierigkeiten, das notwendige Personal zu finden. Bei den ca. 2.000 Einstellungen der Jahre 2018 und 2019 wurde bei 11 % eine Befreiung von der Verpflichtung, die drei Verwaltungssprachen zu beherrschen, ausgesprochen.

  1. https://www.forum.lu/issue/babel/ S. 35f. (alle Internetseiten, auf die in diesem Beitrag verwiesen wird, wurden zuletzt am 11. April 2021 aufgerufen).
  2. Isabelle Pigeron-Piroth/Fernand Fehlen, Les langues dans les offres d’emploi au Luxembourg (1984-2019), https://orbilu.uni.lu/handle/10993/46761
  3. https://orbilu.uni.lu/handle/10993/5670
  4. https://tinyurl.com/luxGrincheux
  5. Question parlementaire 3165 du 18 novembre 2020.

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