Unsere Dreisprachigkeit ist eine große Bürde der Grundschule, die viele Schüler überfordert, besonders wenn sie alle drei Landessprachen als Fremdsprachen lernen müssen. Dieser alarmierende Befund des zweiten Bildungsberichts der Universität Luxemburg wird durch unterschiedliche Herangehensweisen belegt, besonders beeindruckend durch eine Längsschnittstudie, die eine der Grundannahmen des Sprachenunterrichts empirisch überprüfen will.
Das bestehende Dogma postuliert, dass es einen direkten Transfer der luxemburgischen Sprachkompetenz auf die deutsche Sprache gibt und begründet damit, dass Deutsch nicht als Fremdsprache unterrichtet wird. Für Luxemburger Muttersprachler funktioniert dieser Transfer leidlich und er wird dadurch unterstützt, dass diese Schüler Deutsch auch über ihren Fernsehkonsum lernen. Er funktioniert jedoch nicht für die Mehrheit der Schüler mit anderen Familiensprachen und anderem medialen Background. Dies zeigt der Bildungsbericht, indem er die Luxemburgisch-Kompetenzen im ersten Schuljahr mit den Deutsch-Kompetenzen im dritten Schuljahr vergleicht.
Nur 26 % der Leistungen der Drittklässler im Deutschen können durch Leistungen der Erstklässler im Luxemburgisch-Hörverstehen erklärt werden. Der Rest wird durch andere Faktoren bedingt. So die etwas technische Schlussfolgerung, die durch untenstehende Grafik veranschaulicht werden kann.
Die Schüler werden in drei Kompetenzstufen eingeteilt. Die mittlere Stufe stellt das erwartete Sockelwissen dar, das insgesamt in der ersten Klasse von 35% der Schüler im Luxemburgisch-Hörverstehen erreicht wird. 3% haben geringere Kompetenzen, 61% höhere. Bei den Schülern mit Luxemburgisch bzw. Deutsch als Muttersprache (linkes Diagramm) erreichen 22% die Sockelkompetenz im Luxemburgischen, während 77% eine höhere haben. Nach zwei Jahren haben die meisten ihre Leistung gesteigert. 88% liegen jetzt in ihren Deutsch-Kompetenzen über der Sockelstufe.
Bei den Kindern mit portugiesischem Sprachhintergrund erreichen im ersten Schuljahr 50% die Sockelkompetenz im Luxemburgischen und 44% haben eine höhere Kompetenz. Doch dies ist wenig hilfreich für den Deutschunterricht. Von den besten Schülern fallen viele um eine oder gar zwei Stufen zurück. Für die Schüler mit französischsprachigem Hintergrund ergibt sich eine ähnliche hier nicht abgebildete Grafik. Kinder mit süd-slawischem Sprachhintergrund nehmen eine Zwischenstellung zwischen germanophonen und romanophonen Schülern ein.
Luxembourg Centre for Educational Testing (2018): Nationaler Bildungsbericht Luxemburg 2018. SCRIPT. https://www.bildungsbericht.lu/media/ul_natbericht_de_web
Eine Zusammenfassung liefert: Kurschat Ines (2018): Schule mit Risikoprofil. In: d’Lëtzebuerger Land. 21.12.2018. http://www.land.lu/page/article/994/334994/FRE/index.html
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