Fred Keup und Tom Weidig haben ein Buch veröffentlicht1, in dem sie ihre längst bekannten und bei vielfachen Gelegenheiten in den sozialen Netzwerken und neuerdings im Parlament verbreiteten, defätistischen Thesen zum angeblichen Rückgang des Luxemburgischen noch einmal zusammenfassen. Dem statistischen Herzstück ihrer Argumentation hatte ich ein Faktuell gewidmet2, das sie genauso wenig berücksichtigen wie die längst bekannten Argumente gegen eine pessimistische Lektüre der Benotung des Luxemburgischen durch die UNESCO3.

Diese Schwarzmalerei entlarvt Lex Roth als unbegründetes Vorurteil („einfach esou dohinner geplättelt Virurteeler“), das die Fortschritte des Luxemburgischen während der letzten fünfzig Jahre unter den Tisch kehrt.4 RTL widmet den Untergangsprophezeiungen einen Faktencheck, scheint aber teilweise vor den Autoren zu kapitulieren: „En definitive Fazit zu dëser Fro ass schwéier, einfach well et keng belaaschtbar Zuele ginn, déi zum Lëtzebuergesche Sproochgebrauch eng Evolutioun iwwer d’Zäit weise kënnen.“5

Dabei liegt die Antwort auf der Hand, und es bedarf keiner komplizierten Statistiken, um sie zu belegen. Man darf sich nur nicht auf die Logik der Autoren einlassen. Wenn diese sagen, dass im Alltag immer weniger Luxemburgisch gesprochen wird, dann meinen sie eigentlich, dass es zu viele Ausländerinnen und Ausländer in Luxemburg gibt. Dass sie das nicht aussprechen können, hat nicht nur mit der viel gescholtenen Political Correctness zu tun, sondern auch damit, dass sie genau – so wie ihre Leser – wissen, dass nicht nur die Wirtschaft, sondern die ganze Gesellschaft ohne Einwanderer zusammenbrechen würden.

Der Klarheit wegen und um falsche statistische Grabenkämpfe zu vermeiden, sei hier noch einmal das Sprachenparadoxon zusammengefasst:

  • Noch nie hat ein so großer Prozentsatz der Wohn- und der Erwerbsbevölkerung kein Luxemburgisch gesprochen.

Dem stehen andere, genauso richtige Fakten gegenüber:

  • Noch nie haben so viele Menschen Luxemburgisch geredet, geschrieben und gelernt.
  • Noch nie war der offizielle Status des Luxemburgischen so gut abgesichert: demnächst sogar über die Verfassung.
  • Noch nie wurde Luxemburgisch in so vielen Domänen und bei so vielen Gelegenheiten benutzt.
  • Noch nie wurde auf dem Arbeitsmarkt so händeringend nach Luxemburgischsprechern gesucht.

Diese Aussagen können mit allerhand Material unterfüttert werden, wie z. B. den Einschreibungszahlen für Luxemburgisch-Kurse am Institut National des langues (INL), die rasant ansteigen. Doch selbst die positivsten Statistiken werden die Untergangspropheten nicht zum Schweigen bringen, da sie die Sprachen­frage als Stellvertreterdebatte für ihre national­identitäre Politik brauchen.

  1. Fred Keup / Tom Weidig, Mir gi Lëtzebuerg net op. Auflösungserscheinungen einer kleinen Nation, Luxemburg, 2022.
  2. https://tinyurl.com/Faktuell416 (alle Internetseiten, auf die in diesem Beitrag verwiesen wird, wurden zuletzt am 8. Juni 2022 aufgerufen).
  3. https://tinyurl.com/infoluxUNESCO
  4. https://tinyurl.com/Klack282
  5. https://www.rtl.lu/news/faktencheck/a/1920772.html
  6. https://tinyurl.com/InscriptionsINL

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