Die Reichen sind in der Regel ein blinder Fleck jeder Statistik. Dank einer Studie der Europäischen Zentralbank und ihrer Luxemburger Zweigstelle, die in der März-Ausgabe von faktuell vorgestellt wurde, weiß man, dass die Vermögen in Luxemburg sehr ungleich verteilt sind. Die Top 10 % verfügen über 47 % und die Top 20 % über 64 % des Gesamtvermögens. Die obere Hälfte besitzt mehr als 90 % und für die untere Hälfte verbleiben nur noch 10 %1. Im vorliegenden faktuell werden zwei weitere Studien vorgestellt, die kaum unterschiedlicher sein könnten, die aber zwei Schlaglichter auf die Welt der Superreichen werfen.
Vermögensmillionäre
Jedes Jahr veröffentlicht die Unternehmensberatung Capgemini ihren „World Wealth Report“, in dem die sogenannten High Net Worth Individuals (HNWI) erfasst werden, worunter der Report Personen versteht mit einem investierbaren Vermögen von einer Million US-Dollar oder mehr (ohne Hauptwohnsitz, Kunstgegenstände, Gebrauchsgüter usw.). Im Weiteren, der Einfachheit halber, Millionäre genannt.2
Die Zahlen für das Jahr 2023 sind soeben in der Presse vorgestellt worden.3 Nach einer kurzen Flaute, bedingt durch die Nachwehen der Corona-Pandemie, steigt die Zahl der Millionäre wieder an. Weltweit um 5,1 % und in Luxemburg um 2,8 %. Von den 22,8 Millionen Millionären weltweit werden 47.000 Luxemburg zugerechnet.
Capgemini unterscheidet drei Kategorien: 91 % (42.960) gehören in Luxemburg zu den „kleinen Millionären“ (1-5 Mio. USD), 8,2 % (3.870) zu den mittleren Millionären (5-30 Mio. USD) und 0,6 % (280) zu den Ultrareichen (30 Mio. USD oder mehr). Auf die letztgenannte Kategorie entfielen 18 % des gesamten HNWI-Finanzvermögens in Luxemburg. Der Anteil der Millionäre an der Bevölkerung liegt in Luxemburg bei 7 % und damit – wenig überraschend – höher als in Deutschland (4 %), Frankreich (1 %) und der Schweiz (5 %).
Würden die Millionäre alle an einem Ort wohnen, so wäre dieses Superreichenviertel die zweitgrößte Stadt des Landes, noch vor Esch mit seinen 37.000 Einwohnern. Man kann sie sich aber eher als in verschiedenen Briefkastenfirmen beheimatete résidents fiscaux vorstellen oder als über das Land verstreute Immobilieneigentümer, denn immerhin besitzen laut der zitierten EZB-Studie 30 % der Haushalte eine Zweitimmobilie.
Vielleicht sollte man aber auch die Zahlen, die hauptsächlich auf Befragungen von Millionären und Vermögensverwaltern beruhen, nicht auf die Goldwaage legen, denn die Studie ist eher als eine PR-Aktion von Capgemini zu werten.
Einkommensmillionäre der Finanzbranche in Luxemburg

Die Millionenverdiener der Finanzbranche
Wesentlich zuverlässiger ist eine Statistik der Europäischen Bankenaufsicht (EBA), da es sich hierbei um ein amtliches Kontroll-instrument handelt.4 Sie erfasst die Spitzenverdiener im Bankenwesen, die über eine Million jährlich verdienen. Nach der EBA-Zählung gab es im Jahr 2022 genau 2.342 Einkommensmillionäre, davon 46 in Luxemburg. Dies entspricht einem europäischen Durchschnitt von 5,2 pro Million Einwohner bzw. 70,4 pro Million Einwohner für Luxemburg. Damit steht Luxemburg an zweiter Stelle hinter Liechtenstein, das auch unter der EBA-Kontrolle ist. Dort gibt es 15 Einkommensmillionäre für 40.000 Einwohner, was rechnerisch 375 pro Million Einwohner ergibt.
Zum ersten Mal wurde in der EBA-Studie das Geschlecht erhoben, sodass man eine Bestätigung für den Männerüberschuss unter den Spitzenverdiener:innen aus der Finanzbranche erhält. Von den 2.342 über eine Million verdienenden Personen wurden 92 % als Männer, 8 % als Frauen und eine Person als divers eingestuft. In Luxemburg liegt der Männeranteil mit 42 von 46 Personen bei 91 % knapp unter dem Durchschnitt.
1 Household Finance and Consumption Survey (HFCS) der Europäischen Zentralbank, https://tinyurl.com/fakt51
3 https://tinyurl.com/47000LU
https://tinyurl.com/47000LU2
(alle Internetseiten, auf die in diesem Beitrag verwiesen wird, wurden zuletzt am 19. Juni 2024 aufgerufen)
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