Die beiden hier gezeigten Grafiken stellen die Entwicklung der Arbeitslosigkeit in Luxemburg und seinen vier Grenzregionen dar. Sie bilden dieselbe Realität ab und basieren auf offiziellen Zahlen.1 Die linke wurde von einem aus der WEE/NEE-Bewegung stammenden ADR-Kandidaten auf Facebook veröffentlicht. Er fragt, wie es möglich ist, dass trotz des stetig wachsenden Bruttosozialprodukts in Luxemburg die Zahl der Arbeitslosen dort am stärksten gestiegen ist.2 Der geübte Leser weiß, dass die erste Abbildung einen Index darstellt. Für jedes Land wird die Arbeitslosenzahl späterer Jahre durch die Zahl von 2005 geteilt. Konkret für Luxemburg: 2005 gab es im Jahresdurchschnitt 8.948 Arbeitslose; 2016 sind es 17.026, macht 1,9 mal so viele und entspricht dem Index 190. Die Zahl der Arbeitslosen ist am stärksten für Rheinland-Pfalz (Index 62) und das Saarland (Index 69) zurückgegangen. Auch in der Wallonie hat die Zahl der Arbeitslosen abgenommen (Index 86). In Lothringen ist sie angestiegen (Index 146), aber nicht so stark wie im reicheren Luxemburg.

Zum Vergleich verschiedener Länder benutzt man in der Regel nicht die absoluten, nach verschiedenen nationalen Methoden gezählten Arbeitslosenzahlen, sondern die nach ILO-Standard (International Labour Organization) harmonisierten Arbeitslosenquoten. 2005 stand Luxemburg mit einer Quote von 4,5% ausgesprochen gut da, gefolgt von Lothringen mit 8,5%, Rheinland-Pfalz mit 8,8%, dem Saarland mit 10,8% und der Wallonie mit 11,8%. Mittlerweile ist die Arbeitslosenquote in den beiden deutschen Ländern mit 3,6% und 4,8% niedriger als in Luxemburg, wo sie 2016 6,3% betrug, während sie in Lothringen und der Wallonie noch immer wesentlich höher war.

Doch das Sinken der Arbeitslosenzahl genauso wie der Arbeitslosenquote in Deutschland ist nicht nur das Resultat eines Wirtschaftsaufschwungs, sondern das Ergebnis der sog. Hartz-Reform, die einen tiefen Einschnitt in das deutsche Sozial- und Arbeitsrecht darstellte. Kanzler Schröders Agenda-Politik hat zu einer Prekarisierung der Arbeitsverhältnisse geführt. Aus manchen vormals Arbeitslosen wurden 1-Euro-Jobber und Geringverdiener. Andere wurden mit Taschenspielertricks aus der Arbeitslosenstatistik heraus gezaubert.3 In ganz Deutschland kommen 2016 zu den 2,7 Millionen Arbeitslosen noch 2,3 Millionen Arbeitslosengeldempfänger hinzu, die nicht als Arbeitslose gezählt werden.4 Ob die ADR „unsere Arbeitslosenstatistik“ auch mit solchen Methoden aufhübschen will?

 

1 Quelle: http://grande-region.lu/portal/de/. Linke Grafik: http://grande-region.lu/portal/images/publications/documents/en-chiffres.pdf. Daten zu der rechten 2 Grafik: http://grande-region.lu/portal/de/daten/beschaeftigung-und-arbeitsmarkt/arbeitsmarkt/arbeitslosenquote
https://www.facebook.com/daniel.rinck/posts/10214558107420122
3 Gerd Bosbach und Jens Jürgen Korff (2012). Lügen mit Zahlen. Wie wir mit Statistiken manipuliert werden. München: Heyne, S. 166f.
4 https://www.tagesschau.de/wirtschaft/hg-arbeitslosenzahlen-101.html. Siehe auch: Wie wird Arbeitslosigkeit gemessen? http://www.bpb.de/politik/innenpolitik/arbeitsmarktpolitik/54909/arbeitslosigkeit-messen?p=all

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