Wir sind noch schlechter als verlautbart

In einem siebenseitigen Pressecommuniqué1 versucht das Erziehungsministerium mit dem Verweis auf die Stabilität der Leistungen (auf einem niedrigen Niveau) und dem guten Abschneiden der zehn Prozent besten Schülerinnen und Schüler, das unterdurchschnittliche Abschneiden Luxemburgs beim PISA-Test schönzureden und es mit der zunehmenden Heterogenität der Schülerpopulation zu entschuldigen.

In allen drei gemessenen Kompetenzen liegt Luxemburg unter dem Durchschnitt der OECD-Staaten: Lesen 470 (Durchschnitt 487); Mathematik 483 (Durchschnitt 489); Naturwissenschaften 477 (Durchschnitt 489). Damit belegt Luxemburg unter den 37 OECD-Staaten den 29., 27. bzw. 28. Rang. Seit der letzten PISA-Studie 2015 haben sich die Resultate in allen drei Kompetenzen weiter verschlechtert. Besonders stark im Lesen mit einem Minus von 11 Punkten (in Mathematik minus 2 und Naturwissenschaften minus 6).

In Föderalstaaten mit unterschiedlichen Bildungssystemen ist deren Vergleich ein beliebtes Diskussionsthema. So schneidet etwa in Belgien die französische Gemeinschaft regelmäßig schlechter ab als Flandern. In Deutschland gibt es ein deutliches Nord-Süd-Gefälle mit Sachsen, Thüringen, Bayern und Baden-Württemberg auf den vorderen Rängen. Der PISA-Test bezieht in Luxemburg auch jene Schulen ein, „die sich nicht am offiziellen Lehrplan des Luxemburger Erziehungsministeriums orientieren“; kurz: die internationalen Schulen. Diese ziehen den allgemeinen Landesdurchschnitt nach oben. Deshalb ist das Abschneiden des Luxemburger Bildungssystems eigentlich noch schlechter als verlautbart. Bei den drei gemessenen Kompetenzen liegt die Luxemburger Regelschule noch deutlicher unter dem Durchschnitt der OECD-Staaten (Lesen 459; Mathematik 467; Naturwissenschaften 474) und fällt auf den 32. Rang in Lesen und Mathematik sowie den 30. in Naturwissenschaften.

Der Unterschied zwischen der Luxemburger Regelschule und den internationalen Schulen liegt in allen drei Kompetenzen bei ca. 100 Punkten (siehe Tabelle). Dies sagt nicht unbedingt etwas über die Qualität der sechs internationalen Schulen (mit unterschiedlichen pädagogischen Ansätzen) aus, die in dieser Kategorie versammelt sind, sondern eher über die soziale Zusammensetzung ihrer Schüler*innenpopulation. Die sechs öffentlichen Gymnasien, die nur den klassischen Sekundarunterricht anbieten, kommen auf ähnlich gute Ergebnisse; ein Zeichen dafür, dass unser Schulsystem zu viel fordert und zu wenig fördert.

Dass gesellschaftlich benachteiligte Jugendliche es in Luxemburg besonders schwer haben, bestätigt der von der PISA-Studie gemessene Resilienz-Indikator. Er definiert deren Fähigkeit, trotz sozialer Benachteiligung eine hohe Kompetenz zu erreichen, also eine positive Anpassungsleistung zu erbringen. In Luxemburg ist diese Fähigkeit besonders niedrig. Beim Lesen erreichen nur acht Prozent der benachteiligten Schülerinnen und Schüler eine hohe Kompetenz. „Lediglich in Bulgarien, Peru und den Vereinigten Arabischen Emiraten wurden geringere Anteile von ‚akademisch resilienten‘ Studenten beobachtet.“ff

  1. „PISA 2018. Constats et conclusions“. Luxembourg, 3 décembre 2019 : http://www.men.public.lu/fr/actualites/articles/communiques-conference-presse/2019/12/03-pisa/index.html. Für die allgemeinen Ergebnisse : OECD, PISA 2018 Results (Volume I): What Students Know and Can Do, Paris, OECD Publishing, 2019: https://doi.org/10.1787/5f07c754-en (alle Internetseiten, auf die in diesem Beitrag verwiesen wird, wurden zuletzt am 12. Dezember 2019 aufgerufen).
  2. OECD, PISA 2018 Results: Luxembourg – Country Note: http://www.oecd.org/pisa/publications/pisa-2018-resultshtm.htm, S. 7f. [eigene Übersetzung].
  3. Die Daten (https://www.oecd.org/pisa/data/2018database/) wurden mit Hilfe des IDB Analyzer (https://www.iea.nl/data) unter SPSS ausgewertet. Siehe auch: https://www.oecd.org/pisa/data/idbanalyzerquickreproductionofthepisaresults.htm.

Als partizipative Debattenzeitschrift und Diskussionsplattform, treten wir für den freien Zugang zu unseren Veröffentlichungen ein, sind jedoch als Verein ohne Gewinnzweck (ASBL) auf Unterstützung angewiesen.

Sie können uns auf direktem Wege eine kleine Spende über folgenden Code zukommen lassen, für größere Unterstützung, schauen Sie doch gerne in der passenden Rubrik vorbei. Wir freuen uns über Ihre Spende!

Spenden QR Code