„Schnëssen“ ist ein Projekt des Instituts für Luxemburgistik,1 um die aktuelle Luxemburger Alltagssprache mit Hilfe von Crowdsourcing zu erheben. Interessierte Bürger beantworten mündlich mit Hilfe einer Handy-App Fragen zu ihrem Sprachgebrauch. Sagen sie Panech oder Paangech? Schallimo oder Stréihallem oder gar Stréihallimo.2 In vier Umfragerunden zwischen April 2018 und März 2019 sind mittlerweile mehr als 250.000 Einzelaufnahmen von insgesamt fast 3.500 Sprechern zusammengekommen. Parallel zu dieser Tondokumentation werden auch Fragen zum Sprachbewusstsein und zu aktuellen sprachpolitischen Diskursen gestellt.
Die Betreiber der App sind sich der Fallstricke ihrer Methode bewusst.3 Die Stichprobe, zustande gekommen durch freiwillige Teilnahme und dem Interesse an Sprache bzw. Sprachenpolitik, ist zwar nicht repräsentativ für die Wohnbevölkerung, vermutlich aber für die luxemburgische Sprechergemeinschaft.
Auf die Frage, in welcher Sprache sie bevorzugt TV-Nachrichten schauen, gibt eine große Mehrheit Luxemburgisch als erste Wahl an (68%), gefolgt von Deutsch (24%) und dem weit abgeschlagenen Französisch (5%). Bei der zweiten Wahl steht Deutsch an erster Stelle (62%), gefolgt von Luxemburgisch (18%) und immer noch an dritter Stelle Französisch mit 8%. Werden diese zwei Nennungen summiert, so erhält Luxemburgisch 86% und Deutsch 85%. Dieser vornehmlich deutsch-luxemburgische Fernsehnachrichtenkonsum fördert den Einfluss von deutschen politischen Diskursen und Weltsichten in der Luxemburger öffentlichen Debatte.
Bei der dritten Sprachpräferenz liegt Französisch an erster Stelle (47%), gefolgt von Englisch (32%). Die Aufschlüsselung nach Alterskategorien zeigt eine Konkurrenzsituation beider Sprachen (siehe Grafik). Je jünger, desto eher werden die Fernsehnachrichten auf Englisch geschaut. Bei den Jüngsten, den unter 25-Jährigen, steht Englisch bereits an erster Stelle. Da man davon ausgehen darf, dass es sich nicht um einen Alters-, sondern um einen Generationeneffekt handelt – in der Jugend geprägte Sprachpräferenzen werden auch in späteren Jahren beibehalten –, lässt sich dieser Trend als „Verschiebung im Sprachenregime des Landes“4 interpretieren. ff
- Eine Teilnahme am Schnëssen-Projekt ist noch immer möglich: Wat ass d’Schnëssen-App? https://infolux.uni.lu/schnessen/ (alle Internetseiten, auf die in diesem Beitrag verwiesen wird, wurden zuletzt am 17. Februar 2020 aufgerufen).
- https://infolux.uni.lu/schnessen/auswaeertungen/
- Nathalie Entringer/Peter Gilles/Sara Martin/Christoph Purschke, Schnëssen. „Surveying language dynamics in Luxembourgish with a mobile research app”, erscheint demnächst in Linguistics Vanguard.
- Christoph Purschke, „D’Schnëssen-Auswäertung fir de 4. Advent: Resultater aus dem Froebou“, 2019, https://infolux.uni.lu/4_advent_2019
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